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  • AutorenbildTamara

Meine Diagnosegeschichte

Aktualisiert: 23. Juli 2019

Es war Frühling 2003, ich war zwölf Jahre alt. Ich ging in die 6. Klasse und eigentlich war soweit alles in Ordnung.

Aber ich war müde, einfach müde und kraftlos. Alles erschien mir sooo anstrengend. Ich kannte mich gar nicht so und wollte auch nicht so sein. In der Schule wollte der Lehrer eines Tages mit uns mit dem Fahrrad zu einem See fahren und dort Fledermäuse beobachten. Mittlerweile traute ich mir körperlich gar nichts mehr zu und ich weinte zu Hause, dass ich das nicht schaffen würde. Meine Eltern verstanden die Welt nicht mehr, denn eigentlich war die Strecke keine grosse Herausforderung. So musste ich mit und eigentlich ging alles gut. Doch mein Durst brachte mich völlig um den Verstand. Ich hatte eine 5dl-Flasche Eistee dabei, nur war diese eigentlich schon vor der Abfahrt leer. Ich musste also von Kolleginnen Flüssigkeit erbetteln. Seit geraumer Zeit auch immer mal wieder während der Schule. Denn immer an den Wasserhahn rennen (was ich mind. zwei Mal pro Stunde machte), durfte ich irgendwann von den Lehrern aus nicht mehr und ich merkte auch, dass das irgendwie seltsam war. Doch mein Durst war unstillbar. Ich trank zu dieser Zeit ca. neun Liter pro Tag. Irgendwann konnte ich nicht mehr durchschlafen, weil ich mind. zwei Mal pro Nacht aufs Klo musste. Ich realisierte, dass irgendetwas nicht stimmte. So ging ich immer ins Bad, das möglichst weit vom Schlafzimmer meiner Eltern entfernt lag, damit diese nichts mitbekamen. In dieser Zeit war «Schloss Einstein» meine Lieblingsfernsehsendung. Und 2002 bekam eine der Rollen Diabetes. Oft dachte ich mir, dass meine Symptome doch sehr ähnlich sind wie jene der Schauspielerin. Doch immer dachte ich, das passiert mir sicher nicht. Auch als ich nach einer Geburtstagsparty, an der ich in drei Stunden zwei Liter Grapefruit trank, erbrechen musste, wollte ich nicht wahrhaben, dass wirklich etwas im Argen liegt.

Ich verlor an Gewicht. Meine Eltern hatten Angst, dass ich eine Essstörung entwickle, weil ich oft nicht mehr essen mochte. Aber ich hatte einfach keinen Hunger.

Die Frühlingsferien verbrachten wir auf einem Campingplatz im Tessin. Am ersten Morgen hatte ich einen Kreislaufzusammenbruch. Ich sah nichts mehr, aber ich konnte alles um mich herum wahrnehmen, war aber natürlich in Panik. Das Gefühl war einfach nur furchtbar. Meine Eltern versorgten mich mit Schokolade, weil sie dachten, dass es entweder etwas mit dem Kreislauf zu tun hat, oder dass ich eventuell bald meine erste Regelblutung kriegen würde oder so. Nach zehn Minuten ging es wieder. So dachten wir uns nichts weiter dabei, dennoch hat mich meine Mutter nach dem Vorfall in den Ferien für einen Check beim Hausarzt angemeldet. Und genau am Morgen dieses Kontrolltermintages brach ich wieder zusammen und konnte nichts mehr sehen. Da packten mich meine Eltern und brachten mich direkt zum Arzt. Niemand wollte mich beunruhigen, so wurden alle möglichen Dinge getestet. Natürlich auch mein Blut. Wir hatten es lustig beim Blutzuckermessen, denn das Gerät «spinnte». Es zeigte immer HI an (haha!). Als der Arzt nur meine Eltern ins Sprechzimmer bat und mir sagte, dass ich im Wartezimmer warten soll, wusste ich, dass etwas nicht stimmt. Nach zehn Minuten holten mich meine Eltern ab und auf dem Heimweg sagte meine Mutter zu mir, dass ich jetzt zu Hause packen müsse und wir direkt ins Spital fahren. Ich dachte ich sei im falschen Film und sagte ich sehr deutlich, dass ich nirgendwo hingehen werde. Sie war den Tränen nahe und sagte mir, dass ich, wenn ich mich nicht behandeln liesse, sterben werde.

In der Notaufnahme kamen wir sofort dran. Es war so schlimm für mich, denn vor Nadeln und allem Medizinischen hatte ich echt Angst. Als sie mir sagten, dass eine oder zwei Infusionen gelegt werden müssen, wäre ich am liebsten davon gerannt. Aber mein Papa blieb bei mir und hielt meine Hand. Die Pflegenden und Ärzte konnten gar nicht glauben, dass ich noch selbstständig laufen konnte und bei mir war. Mein Blutzucker betrug in etwa 50 mmol/l. So begann meine Reise mit meinem Diabetes vor über fünfzehn Jahren. Wie hat deine Geschichte begonnen?


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