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AutorenbildValentina

Spritzen – überall?


Fragst du dich manchmal auch, ob andere sich in der Öffentlichkeit spritzen?


Gesehen habe ich das eigentlich noch nie, ausser bei meinem Bruder. Da ich mit ihm gross wurde und er sich nie genierte oder versteckte, wenn es um das Spritzen in der Öffentlichkeit ging, tue ich ihm dies gleich. Mein Bruder ist eine echte Frohnatur und er geht ziemlich gelassen mit seinem Diabetes um. Für ihn war es bestimmt nicht immer leicht, dabei denke ich vor allem an die Teenagerzeit. Schlussendlich hat er aber immer alles gut gemeistert. Er hat nie auf etwas verzichtet, tut es immer noch nicht und das macht ihn zum Vorbild für mich J. Ich wüsste nicht, was ich ohne ihn getan hätte/tun würde. Wir verstanden uns immer sehr gut, die Krankheit hat uns aber noch viel mehr zusammengeschweisst. Ich erinnere mich noch daran, als ich direkt aus dem Spital kam, er mit mir in eine Bäckerei ging und zu mir sagte, dass wir uns jetzt einen Nachtisch gönnen. Wir packten beide unsere Diabetesutensilien aus, massen den BZ und er wägte für mich ab, wie viel ich spritzen sollte. Gemeinsam sassen wir also da, injizierten uns das Insulin und schlemmerten unseren Nachtisch. Irgendwie war die ganze Situation für mich total komisch, aber doch auch extrem toll. Eigentlich war es ja SEINE Krankheit, nicht meine. Und nun sassen wir da mit dem gleichen Schicksal. Auf der anderen Seite war es genau dieser lockere Umgang und diese Selbstverständlichkeit wie wir da in dieser Bäckerei sassen und uns in aller Öffentlichkeit spritzten.

Als ich dann alleine unterwegs war – mein Bruder konnte mich ja nicht auf Schritt und Tritt begleiten – war ich mir teilweise schon unsicher, ob ich nun wirklich nicht auf die Toilette gehen sollte, um mir da das Insulin zu injizieren. Ich tat es glücklicherweise nie. Ich spritze überall, wo ich gerade bin; im Restaurant, im Zug, an Festivals, bei Feiern, und und und. Meistens merkt es nicht einmal jemand. Es ist ja nicht so, dass ich mich extrem ausstelle. Ich drehe mich manchmal einfach etwas zur Seite, oder jemand stellt sich vor mich. Allerdings ist es teilweise mit der Kleidung schwierig, habe ich festgestellt oder auch wenn ich mein Basalinsulin spritzen möchte. Das Basalinsulin spritze ich ins Bein und die Hosen will ich ja nicht überall runterlassen;) Das Schnellwirksame spritze ich in den Bauch, das geht eigentlich ganz gut, ausser ich trage ein Kleid, ein Overall, o.ä.

Bei einer Geburtstagsfeier letzten Sommer war ein Mädel total begeistert, als sie sah, dass ich mir in den Bauch spritzte. Sie meinte nur, ihre Schwester hätte ebenfalls Diabetes. Allerdings würde sie nie in Gesellschaft spritzen. Ihr sei das zu unangenehm, sie schäme sich dafür. Das tat mir leid und ich hoffe nicht, dass es vielen so ergeht wie ihr. Wir haben ein Handicap, na und! Wir sollten dazu stehen, für uns, für die Menschen denen es gleich ergeht und für diejenigen, die es nicht können.



Klar gab es auch schon Situationen, da fühlte ich mich unwohl oder es war mir peinlich genau dann zu spritzen. Solche Momente wird es immer einmal wieder geben. Dann heisst es halt trotzdem „Augen zu und durch“ oder doch zur Toilette gehen. Je nach Tagesform, Lust und Laune fällt es einem manchmal einfacher und manchmal halt schwerer. Wer kennt das nicht. Das ist auch mit dem Sensor tragen so. Meistens stört es mich nicht, wenn man ihn sieht. Dennoch gibt es auch ab und an mal einen Tag, da möchte ich ihn verdecken. Ja, das darf auch sein! Ich will auch nicht immer allen Leuten direkt auf Anhieb meine Krankheit erklären und sie mich „normal“ kennenlernen lassen, auch wenn ich kein Problem mit meiner Krankheit habe. Wenn ich beispielsweise eine neue Schulklasse habe, möchte ich sie zuerst kennenlernen und nach ca. einer Woche teile ich ihnen meine Krankheit mit, erkläre alles und sie dürfen Fragen stellen. Die Kinder finden es immer ganz interessant, teilweise sind sie auch etwas schockiert, wenn sie aber sehen, wie ich damit umgehe und dass ich wie andere Menschen bin, ist es ziemlich bald normal für sie.


Auf jeden Fall ist das Spritzen in der Öffentlichkeit eine Gewohnheitssache. Je öfters du es machst, desto selbstverständlicher ist es für dich und auch dein Umfeld. Auch finde ich es weniger anstrengend, als immer auf die Toilette zu verschwinden J. Wie handhabt ihr das? In der Freizeit, im Job?

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