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Ferien bei Minusgraden

Aktualisiert: 20. Apr. 2019

In meiner Vorstellung habe ich erwähnt, dass ich sehr gerne die Welt entdecke. Diabetes hin oder her. Fakt ist, dass mein Diabetes das Reisen nicht einfacher macht. Im Gegenteil. Es muss an vieles gedacht werden. Klar, ich könnte sagen, dann lass ich es lieber und bleibe Zuhause. Will ich aber nicht! Neue Orte und andere Kulturen haben mich fest geprägt und mir gezeigt, dass das Leben unheimlich schön und wertvoll ist. Ich war mehrere Monate in Afrika, Amerika und Australien.

Meine erste Reise als Diabetikerin stellte mich allerdings vor gewisse Herausforderungen. Im Herbst 2017 buchte ich mit meinem Freund Ferien in Kuusamo, Finnland. Im Dezember desselben Jahres erkrankte ich an Diabetes. Zwei Monate später stand ich kurz vor der Abreise. Wie kalt ist es da wirklich? Wie schütze ich mein Insulin vor dem Einfrieren? Kann ich überhaupt meinen Blutzucker mit Blut messen oder frieren meine Hände vorher ein? Ich hatte in der Schweiz schon einige Male im Winter das Problem, das ich vor lauter Kälte meine Haustür mit Schlüssel kaum aufbekam, da meine Hände ziemlich kalt waren. Das Beste jeweils dabei, meistens musste ich dann genau auch noch auf Toilette. Och Gott, wie ich es hass(t)e. Aber zurück zur eigentlichen Geschichte.

Hält mein Sensor? Funktioniert der auch durch die dicksten Kleiderschichten? Ist er überhaupt zuverlässig? Ich erprobte ihn schliesslich erst eine Woche.

Wie viel Ersatzinsulin soll ich mitnehmen? Habe ich ein englisches Rezept für meine Diabetesutensilien? Eine Berechtigung für das Mitführen von Nadeln etc. für den Zoll? Und, und, und - Fragen über Fragen.

Zusätzlich musste ja auch noch an alles Weitere / „Normale“ gedacht werden. Uff, ich packte bestimmt einen halben Tag meinen Koffer :D.

Endlich waren wir dann im langersehnten Urlaub angekommen. Wow, wie im Märchen! Eine traumhaft schöne, verschneite Landschaft erwartete uns.

Vom Flughafen wurden wir in unser Hotel gefahren, wo sogleich mein erster Fauxpas passierte. Hey, nein, da ist ja kein Kühlschrank für mein Vorratsinsulin. Das hat im Zimmer doch zu warm. Ach, wir sind ja in einer kalten Gegend. Ich stell es doch einfach nach draussen vors Fenster. Gedacht, getan. Wie dumm muss Frau sein. Am Morgen aufgewacht... schei***, mein Insulin!!!

Schnell zum Fenster gerannt, meine Insulin-Kühlbox (ohne Kühlelement – versteht sich natürlich;)), ins Zimmer gerettet und begutachtet. Ist das noch „ganz“? Oh Gott, wie dumm, wie dumm, wie dumm! Ich regte mich tierisch auf.

Es stellte sich dann heraus, dass alles in Ordnung war. Ich hatte unheimlich Glück. Erstens hatte die Box gut isoliert, zweitens war es nicht ganz draussen, sondern „nur“ in einem Zwischenfenster, drittens fiel die Temperatur nicht ganz so tief. Gegen Ende der Woche wurde es kälter, -24°Celsius und es wäre tatsächlich gefroren – ein Getränk, dass wir am Vorabend kühlen wollten und da vergessen hatten, war es nämlich.

Der Rest unserer Ferien verlief insulintechnisch harmlos und meinem Blutzucker gefielen die tiefen Temperaturen sehr. Ich musste noch weniger spritzen als Zuhause.

Der Sensor hielt und begeisterte mich, indem ich durch zig Kleiderschichten problemlos scannen konnte. Auch als wir auf einem 1° C warmen Fluss zum „Floaten“ gingen. Bei diesem Ausflug packten wir uns in unsere Odlo-Kleidung, Faserpelzjacke, Skianzüge, Overalls und einen Nassanzug.

Wir liessen uns also „fett eingepackt“ einen Fluss runter treiben, um die Sterne und möglichst auch die Nordlichter zu sehen. Letztere sahen wir leider nicht. Das Erlebnis war dennoch extrem abenteuerlich und unvergesslich.

Allgemein hatte ich direkt am Anfang meines Diabetes durch diese Reise gelernt, dass alles möglich ist und ich auf nichts zu verzichten brauche. Wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg und aus „Fehlern“ lernt man. Ich werde nie wieder dir nichts mir nichts mein Insulin einfach so einer extremen Kälte aussetzen. Ich hoffe, du nach diesem Artikel auch nicht;)

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